Archive
- März 2025
- Januar 2025
- Oktober 2024
- September 2024
- Januar 2024
- August 2023
- Mai 2023
- November 2022
- Oktober 2022
- Juli 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Januar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- Juni 2021
- April 2021
- März 2021
- Februar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- März 2020
- Februar 2020
- September 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Mai 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- März 2017
- November 2016
- April 2016
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
- August 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- April 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- August 2013
- Juni 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- Juli 2012
- Mai 2012
- April 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- Oktober 2011
- Mai 2011
- April 2011
- Dezember 2010
- Oktober 2010
- Juli 2010
- Juni 2010
- April 2010
- November 2009
- Oktober 2009
- Mai 2009
- März 2009
- September 2008
- August 2008
- Juli 2008
- Juni 2008
- Mai 2008
- April 2008
- Januar 2008
- November 2007
- August 2007
- April 2007
- Januar 2007
- Oktober 2006
- August 2006
- Juli 2006
- Juni 2006
- Februar 2006
- Dezember 2005
- Oktober 2005
- Juli 2005
- Januar 2005
- Juli 2004
- Mai 2003
- Februar 2003
- November 2002
- August 2002
- Juni 2002
- Juli 2001
- Januar 2001
- Oktober 2000
- September 2000
- August 2000
- Januar 2000
- November 1999
- Mai 1999
- März 1999
Was ist Gebärdensprache?

Deutsche Gebärdensprache Was? Wie? Warum? Wozu?
Siegmund Prillwitz
Die Gebärdensprachen Gehörloser sind eigenständige visuelle Sprachen. Sie wurden über Jahrhunderte in der alltäglichen Kommunikation Gehörloser ausgebildet und lassen sich ebenso wie Lautsprachen in nationale Sprachen und regionale Dialekte unterscheiden. So sprechen wir heute z.B. von Amerikanischer, Französischer, Schwedischer, Chinesischer Gebärdensprache und auch von Deutscher Gebärdensprache (DGS) mit Berliner, Hamburger, Münchner und anderen Dialektformen.
Wie alle bisher erforschten Gebärdensprachen verwendet auch die DGS neben Mimik und Körperhaltung insbesondere Handzeichen, die Gebärden. Gebärden sind nach Handform, Handstellung, Ausführungsstelle und Bewegung klar strukturiert und werden regelhaft im sogenannten Gebärdenraum ausgeführt. Die DGS verfügt über einen umfassenden Gebärdenschatz (Lexikon) und eine ausdifferenzierte Grammatik.
Sie kann prinzipiell dasselbe leisten wie jede Lautsprache. Das gilt auch für die Verwendung abstrakter Begriffe, die ja hauptsächlich auf komplexe sprachlich vermittelte Informationen angewiesen sind. Insbesondere dieser reichhaltige spontane Informationsfluß kann über Lautsprache für Gehörlose durchweg nicht hergestellt werden. Die visuelle Gebärdensprache bietet ihnen dagegen eine gleichwertige sichere Grundlage für alle sprachbezogenen Prozesse. Dies gilt insbesondere für den kindlichen Spracherwerb, die soziale Kommunikation, die emotionale und geistige Entwicklung einschließlich aller Gedächtnis-, Denk- und Lernprozesse.
Ein ganz besonderer Stellenwert kommt der DGS als leistungsstarkem und zugleich entspanntem Verständigungsmittel der Gehörlosen untereinander zu. Sie ist gleichsam die Seele der Gehörlosengemeinschaft, die deshalb auch Gebärdensprachgemeinschaft genannt wird. Gebärdensprache ist nicht nur für die soziale Gruppe der Gehörlosen identitätsstiftend, sondern auch für die Identität und Selbstfindung jedes einzelnen Gehörlosen von großer Bedeutung. Im Kontakt mit der hörenden Umwelt können Gebärdensprachdolmetscher/innen in bestimmten wichtigen Situationen eine gleichberechtigte Integration Gehörloser sicherstellen, die sonst aufgrund der zumeist begrenzten Lautsprachfähigkeiten Gehörloser nicht möglich wäre. Dies gilt nicht nur für soziale, politische und kulturelle Veranstaltungen und komplizierte Lebenssituationen (Krankenhaus, Arztbesuch, Behörden, Polizei, Gericht etc.), sondern auch für die berufliche Bildung einschließlich eines in die Regeluniversität voll integrierten Hochschulstudiums.
Von der DGS ist das sogenannte lautsprachbegleitende Gebärden (LBG) zu unterscheiden. LBG ist keine Gebärdensprache, sondern lediglich ein künstliches Verfahren zur besseren Sichtbarmachung der Lautsprache. Parallel zu jedem gesprochenen Wort wird eine möglichst bedeutungsgleiche Gebärde ausgeführt. LBG bedient sich also der Gebärdenzeichen der DGS, ohne jedoch deren Grammatik zu berücksichtigen.Vielmehr setzt LBG eine möglichst gute Lautsprachkompetenz voraus. Es bietet insbesondere für Ertaubte und Schwerhörige eine gute Absehhilfe, die es ihnen erleichtert, die kleinen Mundbilder der gesprochenen Sprache zu entschlüsseln. Darüber hinaus wird LBG auch für pädagogische Zwecke verwendet, wie z.B. beim Schriftspracherwerb in der Schule.
Fazit: DGS ist eine eigenständige leistungsstarke Sprache, die nicht nur für Gehörlose und ihre Gebärdensprachgemeinschaft von hohem Wert ist, sondern darüber hinaus auch für pädagogische, soziale und kommunikative Verwendungszusammenhänge aller Hörgeschädigten von Bedeutung ist.
©1999 Sigmund Prillwitz